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Beispielort Buschingen. Von dem auf einem Hausdach gelegenen Standort A werden die Nachbarn wesentlich stärker angestrahlt als von Standort CBeispielort Buschingen. Von dem auf einem Hausdach gelegenen Standort A werden die Nachbarn wesentlich stärker angestrahlt als von Standort C

Mobilfunk-Immissionsgutachten: Dialogisches Verfahren

Ablauf der Begutachtung

In Abstimmung mit der Gemeindeverwaltung werden Standortalternativen innerhalb des betreiberseitig angegebenen Suchbereichs sowie in der funktechnisch relevanten Umgebung benannt und vergleichend untersucht. Zielsetzung ist die Immissionsminimierung. Oft stellen sich im Rahmen der Begutachtung mehrere Standortalternativen als diskussionswürdig heraus. Diese werden mit dem Betreiber technisch vorabgestimmt, Aussagen des Betreibers zur Nichteignung überprüfe ich dabei mit dem Netzplanungstool unabhängig auf Plausibilität. Maßstab ist hierbei die „flächendeckend angemessene und ausreichende Versorgung mit Dienstleistungen des Mobilfunks“ gem. dem Präzedenzurteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 30.08.2012, welches in Bestätigung eines von mir erstellten Gutachtens fiel.
Das Prüfergebnis wird in das Immissionsgutachten aufgenommen.

Die Spielräume der Standortwahl werden sichtbar
So erkennt die Gemeinde bestehende Spielräume bei der Standortwahl
, kann dem Betreiber einen Kompromiss abringen, so ist sicher gestellt, dass im Gutachten auch über den dialogischen Weg die Variante mit der maximal erreichbaren Immissionsminimierung dargestellt wird.

Behandlung im Gemeinderat / Stadtrat
Nach Fertigstellung des Gutachtens kann der Gemeinderat aus den untersuchten Standortvarianten eine Auswahl treffen und das Gutachten somit als Werkzeug zur möglichst schonenden Verbesserung der Versorgung bzw. zum möglichst schonenden Ersatz eines entfallenden Standortes einsetzen.

Zusätzlich zu den Kriterien der Netzbetreiber fügt die Kommune in der Regel die Bewertungskriterien Ortsbild und „Immissionsminimierung“ hinzu - einer der wichtigen Gründe, wieso oft andere Standorte gefunden werden als der Netzbetreiber ursprünglich im Auge hatte.

Strahlenminimierung häuftg 30 % bis 70 %
Bezüglich der jeweils ungünstig betroffenen Anwohner können bei der Strahlenbelastung häufig Reduktionen von 30 bis 70 Prozent erreicht werden. Die Netzbetreiber sind nach meiner Erfahrung durchaus zu Kompromisslösungen bereit.

Nutzen der Gestaltungsspielräume
Über vergleichende Immissionsprognosen zu allen Mobilfunkstandort-Alternativen und die unabhängige fachliche Beratung des Gutachters

  • können über die Einführung des Kriteriums "Immissionsminimierung" vergleichsweise schonende Standortalternativen gefunden werden
  • wird angesichts der Vermeidung schlimmeren Übels (Standort mit 100 Prozent Strahlenbelastung) die Diskussion versachlicht
  • wird gleiche Augenhöhe mit der Netzbetreiberseite hergestellt
  • Bei gutachterlicher Begleitung gibt es für das Dialogverfahren ausreichend Zeit. In der Regel akzeptieren die Netzbetreiber den für die Begutachtung und die anschließende Behandlung im Gemeinderat/Stadtrat nötigen Zeitbedarf
  • In manchen Fällen konnte über die immissionsgünstigere Alternative eine bessere Versorgung von Ortsteilen oder Verkehrslinien erreicht werden, welche der Netzbetreiber (noch) nicht im Fokus hatte. Darüber kann ein Bedarf an zukünftigen weiteren Standorten reduziert werden.
Wichtig ist, dass der Gutachter die fachlichen Kenntnisse und die Unabhängigkeit mitbringt, zu Aussagen der Betreiberseite zur Nichteignung von Standortvarianten kritisch Stellung zu nehmen. Die Kommune kann dem Betreiber nach Erfahrungen aus der Rechtsprechung durchaus etwas zumuten, allerdings darf es keine Zumutung werden. So kann die Stadt oder Gemeinde mit dem Betreiber einen Kompromiss erzielen.

Digitaler Behördenfunk
Ähnlich wie beim Mobilfunk werden die dialogischen Verfahren auch beim digitalen Behördenfunk (Digitalfunk, BOS, TETRA) durchgeführt.

Zeitlicher Rahmen
Der Netzbetreiber informiert die Kommune schriftlich über das Gebiet, in dem er einen Standort sucht und bietet der Stadt/Gemeinde die Mitwirkung an der Standortwahl an. Innerhalb von einem Monat sollte die Kommune schriftlich antworten, dass sie beabsichtigt, Vorschläge zu unterbreiten. Andernfalls kann der Netzbetreiber davon ausgehen, dass sich die Kommune nicht an der Standortwahl beteiligen möchte und beginnt alleine mit der Standortsuche.

Der in der Erstinformation angegebene, mit zwei Monaten extrem kurze Zeitrahmen für die Abstimmung der Standortvorschläge wird von der Betreiberseite in der Regel erfahrungsgemäß bedarfsgerecht verlängert, sofern die Kommune an der Standortwahl konstruktiv mitwirkt. Der Zeitrahmen stammt beim bayerischen Mobilfunk-Pakt aus dem Jahre 2002, bei der gemeinsamen Erklärung (Baden-Württemberg) aus dem Jahre 2004 und wird nach den Erfahrungen aus den Projekten mit den in der Referenzliste angegebenen Kommunen auch von den Betreibern selbst nur noch in Ausnahmefällen eingehalten. Für die Bewertung der Standortalternativen benötigen die Betreiber statt der fest vorgegebenen 15 Tage (Bayern) bzw. möglichst zwei Wochen (Baden Württemberg) meist einige Wochen oder Monate bis über ein halbes Jahr. Hinzu kommt der im Mobilfunk-Pakt bzw. in der gemeinsamen Erklärung nicht ausreichend berücksichtigte Zeitaufwand für die Entscheidung zur Auftragstellung, zur Erstellung des Gutachtens sowie zur Behandlung der Ergebnisse im Gemeinderat (Sitzungszyklus, Ladungsfristen).

Wie die Erfahrungen aus den Projekten mit den in der Referenzliste angegebenen Kommunen zeigen, beanspruchen gutachterlich begleitete dialogische Verfahren in Abhängigkeit der geschilderten Dringlichkeit und Wartezeiten auf betreiberseitige Bewertungen ca. 3 Monate bis etwa ein Jahr. Auf Anfrage übermittle ich gerne einen Formulierungsvorschlag für die Fristverlängerung.

Konstruktives Verhalten erhöht die Erfolgsaussichten
Eine reine Verhinderungstaktik, konfliktvermeidende Kirchturmpolitik oder die Vorgabe eingeschränkter Versorgungsziele lässt den dauerhaften Erfolg des Handelns in weitere Ferne rücken. Wenn Betroffene und Gemeindeverwaltung die Möglichkeiten und Grenzen der Handlungsspielräume anerkennen und dabei auch bereit sind, dass Standortentscheidungen getroffen werden, steigen die Aussichten, dass die Bemühungen um Beeinflussung der Standortwahl vom Erfolg der schonenden Ausführung gekrönt werden.

Scheitert der Dialog bzw. ist der Netzbetreiber nicht bereit, dem Dialogverfahren und dem Gutachten nicht die benötigte Zeit und die personellen Recourcen zur funktechnischen Begründung der Ablehnung alternativer Standortvarianten einzuräumen, kann notfalls der Weg der Bauleitplanung gewählt werden, um die im Präzedenzurteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 30.08.2012 gegebenen kommunalen Handlungsspielräume zu sichern.

Vor der vielfach angedrohten Privataquise (der Netzbetreiber sucht auf eigene Faust) muss die Gemeinde so keine Angst mehr haben. Bereits durchgeführte Tätigkeiten, auf welche in der Bauleitplanung zurückgegriffen wird, können in diesem Falle angerechnet werden.